Weizen – so schlecht wie sein Ruf?

Weizen – so schlecht wie sein Ruf?

Eine einfache Frage, die doch so schwer zu beantworten ist.

Gehen wir ein paar Schritte zurück – unsere Vorfahren haben bereits im Zuge der neolithischen Revolution, als der Mensch mit Ackerbau und Viehzucht begann, die ersten Wildgräser domestiziert und so zum späteren Anbau weiter gezüchtet. So entstanden die frühen Formen des Getreides – neben Gerste eben auch der Weizen. Die Weizensorten wurden immer weiter verändert und über die Jahrhunderte entstanden die Hauptsorten: unser heutiger Saatweizen (auch Nacktweizen genannt), der sich in Hart- und Weichweizen aufteilt und der Spelzweizen, zu dem Dinkel, Einkorn und Emmer zählen. Unreif geernteter Dinkel ist unter dem Namen Grünkern bekannt. Der größte Unterschied zwischen Nackt- und Spelzweizen ist die zusätzliche Schale, der Spelz. Durch den Spelz sind die Körner besser gegen Umweltgifte und Schädlinge geschützt. Um den Dinkel verarbeiten zu können, muss er entspelz werden. Ein Prozess, der in früheren Zeiten sehr aufwendig war. Es gab sogenannte Darren, indenen die Dinkelkörner trocken erhitzt wurden, um den Spelz zu brechen und ihn dann entfernen zu können.

Buchweizen ist übrigens trotz des Namens kein Getreide sondern ein Knöterichgewächs. Er ist erst seit dem späten Mittelalter in Europa bekannt und stammt ursprünglich aus Asien. Daher bei allen Weizenunverträglichkeiten absolut unbedenklich.

Die modernen Züchtungen des Weizens gehen in die Richtung, dass der Glutengehalt steigt, damit das Mehl mehr Wasser aufnehmen kann und so saftigere Gebäcke hergestellt werden können und die Menge des aus dem Mehl gewonnen Gebäcks steigt. Ebenso wurden die Stängel durch die Züchtungen verkürzt.

Was trägt jetzt aber zu den momentan durch alle Medien gehenden Unverträglichkeiten bei? Bei cirka 4 % der Bevölkerung liegt eine Allergie oder Zöliakie vor. Es sind aber weit mehr Menschen, die über Unverträglichkeiten klagen. Liegt das rein an der Überzüchtung der Getreidearten? Diese Fragen werden derzeit erforscht. Was auf jeden Fall klar ist, dass lange Teigführungen, lange Garprozesse und natürliche Rezepturen, die auf künstliche Mittelchen zur schnelleren Teigreife und ähnliches beitragen, verzichten, sich positiv auf die Verträglichkeit auswirken. Industrielle Fertigungsanlagen sind jedoch darauf angewiesen, dass Teige immer die gleiche Konsistenz und Backeigenschaft haben. Da nun das Mehl allerdings immer natürlichen Schwankungen unterworfen ist, sei es im Anteil an den Klebereiweißen oder sonstigen Bestandteilen, werden hier künstliche Hilfsmittel eingesetzt, um eben die rein maschinelle Verarbeitung zu gewährleisten.

In unserer Backstube arbeiten wir noch traditionell – mit 3-Stufen-Sauerteig, langer Teigruhe und somit ganz viel Zeit und Fingerspitzengefühl. Wir möchten unser tägliches Brot selbst auch genießen können, und das ohne Verdauungsprobleme. Machen Sie den Test selbst – wie verhält sich ein industrielles Brot vom Diskounter im Gegensatz zu einem traditionellen Brot aus unserer Backstube? Vom Geschmack und der besseren Haltbarkeit ganz zu schweigen. Die Prozesse im Teig, die während der Teigruhe ablaufen, sind dafür verantwortlich, dass Stoffe, die zu Unverträglichkeiten führen, abgebaut werden. Daher sind wir überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein, wenn wir mit der nötigen Ruhe und Sorgfalt arbeiten und unseren Teigen ihre Zeit geben, die sie brauchen. Die Geschichte des Sauerteiges ist fast genau so alt, wie die Geschichte des Getreides – es geht ja quasi Hand in Hand. Wir sind mit Leidenschaft dabei und bleiben daher der Tradition treu. Nur so ist dauerhaft ein geschmackvolles bekömmliches Brot machbar.